Übersiedlung kein Grund für Vertragskündigung
Florian S. hat seinen tele.ring-Handyvertrag im August um weitere zwei Jahre verlängert und dafür ein 100-Euro-Gesprächsguthaben für die nächsten zehn Monate erhalten. Am 1. September ist er allerdings aus beruflichen Gründen unerwartet nach Deutschland übersiedelt, doch auf die Frage, ob er vorzeitig aus dem Vertrag aussteigen könne hieß es von tele.ring nur, er könne den Vertrag schon kündigen, aber die Grundgebühren sei dennoch bis zum Ende des Vertrages zu bezahlen – also bis August 2012.
"Selbst zu verantworten"
Dies mag zwar kundenunfreundlich sein, rechtlich ist das Beharren auf die Gebühren für die zwei Jahre jedoch korrekt, sagt Gregor Goldbacher von der Rundfunk und Telekom Regulierungsbehörde RTR: Ein außerordentliches Kündigungsrecht kommt einem immer nur dann zu, wenn der andere Vertragspartner etwas gemacht hat, was die Fortführung des Vertragsverhältnisses unzumutbar erscheinen lässt. Ein Ortswechsel ist etwas, was der Kunde rein selbst zu verantworten hat. Der Betreiber hat damit rein gar nichts zu tun und deswegen stellt dieser Grund auch kein außerordentliches Kündigungsrecht dar."
Gilt für alle Dauerschuldverhältnisse
Auch help-Jurist Sebastian Schumacher betont, dass eine überraschende Übersiedlung ins Ausland nicht zur vorzeitigen Auflösung eines Vertrages berechtigt. Das gilt nicht nur für Handyverträge, sondern für alle so genannten Dauerschuldverhältnisse wie Zeitschriftenabos, Fitnesscenterverträge und Wohnungsmietverträge.
Auch hier gilt laut Schumacher: "Die außerordentliche Kündigung von Verträgen ist normaler Weise nur dann möglich, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und dieser Grund von der Gegenseite gesetzt worden ist." Was bei einer Übersiedlung eindeutig nicht der Fall ist.
Kulanzlösung oder Vertrags-Weitergabe
Sebastian Schumacher rät allerdings: "Trotzdem kann man natürlich versuchen, ob man nicht aus Kulanzgründen früher aus einem Vertrag aussteigen kann. Viele Unternehmer sind nämlich durchaus bereit jemanden kulanzhalber früher aus einem Vertrag aussteigen zu lassen, wenn man dafür eine bestimmte Abschlagszahlung zu leisten bereit ist."
Auch RTR-Jurist Golbacher rät, bei Handyverträgen initiativ zu werden: "Es empfiehlt sich vielleicht jemanden anderen zu suchen, der einen Vertrag übernimmt, im Bekannten- oder Freundeskreis, das wäre vielleicht noch eine Möglichkeit."
Auch auf Vertragsänderungen gibt es keinen Rechtsanspruch, betont Goldbacher: "Der Vertrag besteht so, wie er ist und grundsätzlich hat man auch nicht das Recht, hier in einen Tarif zu wechseln, der beispielsweise ein günstigeres Grundentgelt beinhaltet. Mehr als eine Kulanz wird hier nicht möglich sein."
Besser keine Mindestvertragsdauer
Um gar nicht erst in so einen Situation zu kommen, rät Goldbacher zumindest bei mittelfristig "unsicheren" Lebensumständen mit beispielsweise beruflichen Ortswechseln eher Verträge zu nehmen, die keine Mindestvertragsdauer beinhalten: "Man kriegt auch am freien Endgerätemarkt durchaus günstige Endgeräte und dann hat man eine Flexibilität und kann diesen Vertag jederzeit beenden."
"Regeln für alle Kunden gleich"
Von tele.ring hieß es auf das Ersuchen von Herrn S. vorzeitig ohne Zusatzkosten aus dem Vertrag aussteigen zu können, in einer E-Mail-Antwort: "So einfach ist das leider nicht, die Regeln sind für alle Kunden gleich und es wäre dementsprechend weder seriös noch fair, wenn wir hier eine Ausnahme machen würden."
Dennoch lässt man den Kunden jetzt aber gegen eine Abschlagszahlung mit Jahresende aus dem Vertrag.
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Erstellt am 11.12.2010.