
AK kritisiert neues ÖBB-Tarifsystem
Die Vorteilscard Familie hat bisher 19,90 Euro gekostet, jetzt heißt sie Vorteilscard Family und kostet 19 Euro. Auf den ersten Blick ist sie also minimal günstiger geworden. Bisher sind aber alle Kinder einer Familie, egal wie viele, gratis gefahren. Beide Eltern erhielten eine Karte und fuhren zum halben Preis, auch wenn sie einzeln mit den Kindern unterwegs waren. Jetzt sieht das anders aus. Nur mehr ein Elternteil fährt um die Hälfte des Preises, zwei Kinder fahren gratis und jedes weitere über sechs Jahre zahlt den Halbpreis.
AK: "Familienkarte teurer"
"Die Vorteilscard Family ist damit beworben worden, dass es nicht mehr nur die eigenen Kinder sein müssen, die man mitnehmen kann. Darüber haben wir uns auch gefreut", sagt Thomas Hader von der Arbeiterkammer Wien. Lese man die Tarifbedingungen im Detail, sehe es so aus, als ob sich die Preise für die Familienkarte verdoppelt hätten, so Hader.
Die ÖBB zeigen sich von der Kritik unbeeindruckt. Sprecher Michael Braun verweist auf Alternativen wie die Sparschiene. Dass die geringen Kontingente und die damit verbundene frühe Buchung die Reiseplanung schwierig machen, lässt er unerwähnt.
ÖBB: "Preissprünge geschmälert"
Geht es nach den ÖBB, gehören große Preissprünge bei den normalen Tickets jetzt jedenfalls der Vergangenheit an. "Wir haben die Tarifreform gemacht, um bisher unfair empfundene Preissprünge in den Tarifen zu schmälern. Das heißt, eine kurze Bahnfahrt kostet jetzt proportional weniger, eine längere proportional mehr", erklärt Braun die neue ÖBB-Preispolitik.
So kostet etwa die kurze Strecke vom Wiener Praterstern zum Flughafen Schwechat statt 5,70 € nun 4,70€. Die lange Strecke von Wien nach Innsbruck ist um 3,60 € teurer geworden.
Tickets zwei Tage gültig
Solche Langstreckentickets, ab 100 Kilometer, waren bisher 30 Tage lang gültig. Jetzt gelten sie nur noch zwei Tage. Auch diesen Punkt kritisiert die AK. In Summe werde es schwieriger, seine Reisen zu planen. "Wenn man auf seiner Reise mehrere Zwischenhalte hat, weil man dort Verwandte besuchen möchte, dann muss man jetzt jedes Mal Einzeltickets kaufen. Gerade diese aneinandergereihten Kurzstrecken sind natürlich wesentlich teurer, als wenn ich ein durchgehendes Ticket gleich bis Innsbruck habe", so Hader. Innerhalb der beiden Gültigkeitstage könne man das Ticket nun zwar kostenlos zurückgeben, aber nur bei besetzten Schaltern. Besonders in ländlichen Gebieten seien diese nicht so einfach zu finden, meint der AK-Experte. Man habe die Gültigkeit der Tickets vereinheitlicht, kontert der ÖBB-Sprecher: "Im Nahverkehr haben wir es vereinfacht, denn dort waren die Tickets bisher nur einen Tag gültig. Im Fernverkehr werden die Tickets extrem oft an der Personenkassa gekauft. Dort wo ein Fernverkehrszug fährt, gibt es auch immer Personenkassen."
Umstrittene Tarifdarstellung
Die Kritik der Arbeiterkammer geht noch weiter. Für die Fahrgäste werde das neue Tarifsystem in manchen Bereichen undurchsichtiger. "Bisher gab es die Form der Kilometer- und Tariftabellen. Da habe ich gewusst, wenn ich 60 Kilometer fahre, dann zahle ich so und so viel. Das gibt es nicht mehr. Ich bekomme nur noch den Fahrpreis ausgeworfen und kann schwer beurteilen, was der Grundpreis und die Ermäßigung ist", sagt Hader. Das komme nicht den gesetzlichen Verpflichtungen nach, die im Fahrgastrechtegesetz stehen. Hier müssten die ÖBB auf jeden Fall nachbessern, so Hader.
Die Preise seien nachvollziehbar und die Tarife im Internet ganz klar beschrieben, heißt es von den ÖBB. Die Bahn-Regulierungsbehörde Schienen-Control gibt an, die neuen Tarifbestimmungen derzeit noch zu prüfen. Dazu gehört auch die tarifliche Darstellung im Internet. Derzeit versucht die Schienen-Control auf informellem Weg eine Lösung herbeizuführen, hieß es gegenüber der Redaktion. Eine abschließende Rechtsmeinung könne man noch nicht abgeben.
Erstellt am 11.01.2014.