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Containerschiff im Hafen, Detail

MPC-Fonds: Internes Raiffeisen-Protokoll legt Beratungsfehler offen

Die Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien hat bisher nicht verraten, wie viele ihrer Kunden taumelnde Schiffs- und Hollandfonds des Hamburger Emissionshauses MPC gezeichnet haben. Aus einem internen Protokoll aus dem Jahr 2012 geht hervor, dass die Beteiligungen an 7.011 Kunden vertrieben wurden. Das Volumen wurde mit 267 Mio. Euro beziffert. Bereits damals gab es eine bankinterne Krisensitzung.

Geld

Raiffeisen und auch andere österreichische Banken haben Ende der 1990er und Anfang der 2000er Jahre geschlossene Fonds an den Mann und die Frau gebracht. Viele dieser Finanzprodukte sind nun unter Wasser, einige der Gesellschaften pleite. Den Anlegern droht der Totalverlust. Betroffene sagen, sie seien nicht darüber aufgeklärt worden seien, dass es sich bei den Auszahlungen nicht um Zinsen handelte, sondern um Rückzahlungen des Eigenkapitals, die von der Gesellschaft beziehungsweise dem Masseverwalter spätestens im Insolvenzfall zurückgefordert werden können. Tatsächlich sahen sich die Fondsanleger, die sich typischerweise an kreditfinanzierten Immobilien in Holland oder an Containerschiffen beteiligten, bereits mit Nachschussverpflichtungen konfrontiert.

Raiffeisen vertrieb sechs MPC-Fonds exklusiv

Deutsche Emissionshäuser wie MPC haben nicht nur in ihrem Heimatland Geschäfte mit Kleinanlegern gemacht, sondern auch in Österreich. Raiffeisen Niederösterreich-Wien hat sogar sechs MPC-Fonds exklusiv vertrieben. Das geht aus dem Protokoll über eine interne Sitzung zum Thema MPC am 26. November 2012 im Wiener Looshaus hervor, das der APA vorliegt. Anwesend waren unter anderem hochrangige Bankmanager und Kundenberater.

Probleme waren 2012 bekannt

Raiffeisen hat schon damals eine "Task Force" zu MPC eingesetzt, das Thema wurde zur Chefsache erklärt: "Die Gespräche mit MPC laufen auf Vorstandsebene", heißt es in dem Protokoll. Den Bankern waren die Probleme bei der MPC Capital AG, die sich seit 2009 in einer "Restrukturierungsphase" befand, durchaus bekannt. Als problematisch würden vor allem "umfangreiche Eventualverbindlichkeiten gesehen, vor allem bei Schiffen. Die ursprüngliche Höhe betrug 2,5 Mrd. Euro - mittlerweile sind jedoch nur mehr 900 Mio. Euro übrig", konstatierten die Teilnehmer der Raiffeisensitzung. Die Bank erstellte sogar eine "Ampelliste" mit Holland- und Schiffsfonds. Bei einigen wurde das Risiko als "hoch bis sehr hoch" eingestuft. Der seit Ende März 2015 insolvente, von Raiffeisen exklusiv vertriebene Hollandfonds 51 ist auch darunter, in der Liste hat er die Farbe orange. Die 2012 pleitegegangene Schiffsfonds MS Merkur Sky war rot.

Intern Fehler eingestanden

Bei der Informationsveranstaltung ging es auch darum, wie man mit Kundenbeschwerden umgehen soll. Intern gab man Fehler freimütig zu. Was MPC-Fonds betrifft, die Kunden gleichzeitig mit einem Kredit gezeichnet haben ("Tilgungsträgermodell", Volumen: 12 Mio. Euro), "hätte RLB dem Kunden schriftlich dringend abraten müssen", um "hier rechtlich agieren zu können". Augenscheinlich befürchtete Raiffeisen schon damals Anlegerklagen: "Weiters müsste bei uns ein vom Kunden unterschriebenes Schreiben vorliegen, dass der Kunde dennoch in so ein Modell investieren möchte. Für diese Fälle wird überlegt, eine Rückstellung zu bilden." Auch die Verjährung "wird als Möglichkeit geprüft, da dann unsere Position eine andere ist." Das solle aber nicht heißen, "dass wir uns dann unserer Verantwortung entziehen".

Bei Raiffeisen wollte man das Papier auf APA-Anfrage nicht kommentieren. "Die Protokolle bilden den Informationsstand aus dem Jahr 2012 ab", so Sprecher Peter Wesely. Zahlen und Aussagen in internen Papieren kommentiere die Bank grundsätzlich nicht. Anwalt Max Leitner, der ein paar Dutzend geschädigte Anleger vertritt, glaubt, dass viele Raiffeisen-Kunden von ihrem Schaden noch gar nichts wissen. Obwohl sie seit 2008 kaum mehr Ausschüttungen bekämen, sei ihnen womöglich nicht bewusst, dass das ganze investierte Kapital futsch sein könnte. In den vergangenen Jahren hätten sie immer wieder beschwichtigende Schreiben bekommen. Erst jetzt, da sie von Gläubigern angeschrieben werden, würden sie nervös, so Leitner.

16.04.2015