
Mangelware Bioschwein
Während 17,4 Prozent aller Eier in Österreich in Bioqualität gekauft werden, ist der Anteil bei Fleisch und Wurst laut AMA deutlich niedriger. Nicht einmal zwei Prozent der rund drei Millionen österreichischen Mastschweine werden in Biobetrieben gehalten, eine Minderheit der Tiere in einem ihren natürlichen Instinkten am meisten entgegenkommenden Freilandbetrieb. Die restlichen 98 Prozent erleben ihr kurzes Dasein in konventionellen Betrieben.
Keine artgerechte Haltung
Dort würden die Schwänze der Tiere kupiert, da die Enge der Haltung sonst dazu führen würde, dass sie einander die Schwänze abbeißen, kritisierten Tierschutzorganisationen. Für die natürlichen Instinkte der Schweine wie das Wühlen sei ebenfalls kein Platz, heißt es von dem Verein Vier Pfoten. "Wer nicht auf Bio oder Freiland achtet, kann sich so gut wie sicher sein, dass man ein Tier isst, das unter Bedingungen gehalten wurde, die nicht seinen natürlichen Bedürfnissen entsprechen", sagte Kornel Cimer von Vier Pfoten im Gespräch mit der APA.
"Die Schweine entwickeln Tics und Verhaltensstörungen wie das Anknabbern der Artgenossen. Sie fangen an, sinnlose Bewegungsabläufe an den Tag zu legen, oder beißen ständig in den Futtertrog", beschrieb Elisabeth Sablik vom Verein gegen Tierfabriken (VgT) die konventionelle Tierhaltung. "Auch der Konsument entscheidet, denn wenn er vermehrt 'Freiland' kauft, wird die Nachfrage steigen und ein Umdenken in der Produktion die Folge sein", so der Tenor der Tierschützer.
Erzeuger: "Wer Schwein isst, will billige Ware"
"Nur von der Schweinhaltung könnte ein Biobauer nicht leben", ist sich Johann Nolz von der Erzeugergemeinschaft Gut Streitdorf in Niederösterreich sicher. "Biokleinbetriebe sind durch die Strohhaltung arbeitsintensiv und zusammen mit den geringen Stückzahlen daher nicht wirtschaftlich." Würde man das Ideal der Tierschutzorganisationen, das Freilandschwein, produzieren, wären Kilogrammpreise bei 30 Euro die Regel, sagte Nolz. Ein Preis, den kaum ein Konsument zu zahlen bereit wäre.
Der niedrige Preis beim Schweinefleisch habe nämlich auch mit der Wertschätzung durch die Kunden zu tun, so Nolz: "Wer Schweinefleisch isst, will billige Ware haben. Rind oder Lamm wird hingegen zu besonderen Anlässen gegessen." Die Zahlen der Agrarmarkt Austria (AMA) stützen diese Aussage. Demnach essen die Österreicher rund 63 Prozent Schweinefleisch, Rind mit einem Anteil von 17,9 Prozent nimmt da nicht einmal ein Drittel ein.
Was die Art der Haltung betrifft, ortete Nolz "ein Umdenken in Europa", indem etwa von Vollspaltböden zu Teilspaltböden gewechselt wird. Bei Teilspaltböden hätten die Tiere zumindest die Möglichkeit, dass hier Stroh aufgebracht werden kann, heißt es von Tierschützerseite.
Handel: "Zu wenig Bioschweinefleisch erzeugt"
"Wir führen Bioschweinefleisch seit nunmehr genau zehn Jahren", sagte Nicole Berkmann, Sprecherin der Spar-Gruppe. "Während sich Biorindfleisch von der Nachfrage her gut entwickelt, ist beim Bioschweinefleisch eine nur sehr kleine Entwicklung feststellbar." Wie bei den Erzeugern wird auch hier der Preisunterschied zum konventionellen Fleisch geltend gemacht, der mit plus 50 Prozent deutlich höher als beim Rind (plus 30 Prozent) ausfällt. "Trotzdem ist die Nachfrage höher als das, was wir derzeit verkaufen können. Das liegt daran, dass wir von der Landwirtschaft nicht mehr bekommen. Es wird einfach zu wenig Bioschweinefleisch erzeugt", so Berkmann. Bauern würden die Umstellung auf Bio scheuen, da Stallumstellungen bei Schweinen deutlich aufwendiger als bei Rindern wären - "und das wollen nur wenige tun".
Biokunden meist keine Schweinsbratenesser
Auch die REWE-Gruppe sieht im Bio- und Freilandschweinsegment Probleme: "Schweinefleisch ist für Bio die schwierigste Fleischkategorie. Einerseits ist der Preisabstand zum konventionellen Fleisch hoch, andererseits sind Biokundinnen und -kunden zumeist nicht unbedingt die Schweinsbratenesser", hieß es auf APA-Anfrage. Die REWE-Gruppe verarbeitet nach eigenen Angaben jährlich rund 16.000 Schweine unter der Biomarke "Ja! Natürlich", 25 Prozent davon seien Freilandschweine, die restlichen Tiere bezeichnet der Konzern als "Strohschweine". Das Projekt der Freilandschweinehaltung wurde bereits vor mehr als zwölf Jahren mit rund einem Dutzend Schweinebauern und wissenschaftlich vom Institut für Bodenkultur unterstützt.
Erstellt am 24.04.2015.