
Wie man Datenträger richtig löscht
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Doch das ist gar nicht so einfach, wie es klingt. Ein Klick auf den Lösch-Button im Betriebssystem reicht nämlich nicht. "Das klassische Löschen von Dateien oder Verzeichnissen und das Formatieren der Festplatte bewirkt faktisch gar nichts," so Nicolas Ehrschwendner, Geschäftsführer der Wiener Datenrettungsfirma Attingo, gegenüber help.ORF.at. Hintergrund sei, dass beim Löschen von Dateien oder Verzeichnissen im System nur markiert werden, dass dieser Speicherplatz jetzt frei sei, aber die Daten würden nicht überschrieben. "Erst wenn man neue Dokumente neu anlegt, wird irgendwann einmal genau dieser Bereich überschrieben. Dann sind die Daten auch für immer verloren."

Einfaches Überschreiben genügt
Durchgeführt wird dies am besten mit speziellen Löschprogrammen, sie überschreiben Informationen auf der Festplatte mit der Zahl Null. Je nach Kapazität und Leistungsfähigkeit der Festplatte dauert der Vorgang zwischen einer halben Stunde und sechs Stunden. Ein mehrfaches Überschreiben – wie im Web oft empfohlen - ist nicht nötig und macht auch keinen Unterschied.
Im Internet findet sich jede Menge Gratis- wie auch kostenpflichtige Software, in der Regel genügt eine einfaches kostenloses Programm. Beliebt sind etwa Eraser, ArchiCrypt Shredder, Secure Eraser und CCleaner (Funktion "Festplatten Wiper").

Nur noch von Profis in Teilen rekonstruierbar
Hat man die Festplatte überschrieben, kann sie ohne Bedenken weitergegeben werden. Der neue Besitzer kann auf die vorher dort gespeicherten Daten nicht mehr zugreifen – zumindest mit normalem Aufwand. Professionelle Datenretter schaffen es selbst hier noch im Labor einzelne Datenreste aufzuspüren und auszulesen.
"Wir haben auch immer wieder Fälle, gerade im Bereich der Beweissicherung, wo Beschuldigte Datenträger mit Vernichtungssoftware überschrieben haben, und wir immer noch Fragmente rekonstruieren können", so Ehrschwender, der auch im Auftrag von Behörden Daten wieder frei legt.
"Secure Erase" für technisch versierte Nutzer
Für technisch versiertere Computernutzer ist bei modernen Festplatten ein standardisierter Zurücksetzen-Befehl eingebaut, der das Löschen und Überschreiben startet. Der Befehl "Secure Erase" kann allerdings nicht einfach per Mausklick aus dem normalen Windows- oder Mac-Betriebssystem, sondern muss mittels Spezialsoftware des Herstellers gestartet werden. Bedienkomfort lassen diese Programme im Allgemeinen vermissen, außerdem setzen sie ein gewisses Computerwissen voraus. Sie sind daher nur für technisch versierte Nutzer zu empfehlen.
Erst Vernichtung bringt 100 Prozent Sicherheit

Wer hundert Prozent sicher sein möchte, dass seine privaten Dateien selbst von geschulten Forensikern nicht mehr ausgelesen werden können, dem hilft nur noch brachiale Gewalt. Der große Nachteil: Man kann den Datenträger dann freilich nicht mehr verwenden oder verkaufen. Mit dem Hammer zertrümmern oder rein damit in die Mikrowelle – welches Haushaltsgerät ist bei der Zerstörung das Mittel der Wahl?
"Also Mikrowelle, Wasser, Feuer usw. führen vielleicht augenscheinlich zum Erfolg, in Wirklichkeit können wir die Daten aber mit sehr großer Wahrscheinlichkeit noch retten", so Attingo-Datenforensiker Ehrschwendner. "Ein guter Ansatz ist es mit dem Bohrer den Bereich der Festplatte zu durchbohren, wo die Magnetscheiben liegen." Sind die Magnetscheiben durchlöchert, sei eine Datenrettung in der Theorie zwar noch möglich, aber bei modernen Platten so gut wie nicht mehr finanzierbar.
Smartphone: Werkszustand reicht nicht
Auch beim Smartphone ist die Datenlöschung nicht immer leicht. Während bei iPhones dank verschlüsselter Speicherung ein Zurücksetzen in den Werkszustand gute Löschergebnisse bringt, reicht das bei Handys mit Android-Betriebssystem oft nicht aus. Diese Erfahrung hat man auch beim Gebraucht-IT-Händler AfB gemacht. Bei einem Test wurden verschiedene Smartphones auf die Werkseinstellungen zurückgesetzt. Das Ergebnis war ernüchternd, so AfB-Betriebsleiter Horst Schmid. "Wir haben die Handys im Anschluss nochmal kontrolliert und es waren sehr wohl noch Daten drauf. Bei dem einen Hersteller nur die Fotos, bei einem anderen war es das Telefonbuch, also eine der wichtigsten Sachen."
Das gemeinnützige Unternehmen AfB social & green IT bereitet Markengeräte wieder auf, die Firmen ausgemustert haben und verkauft sie in zwei Shops in Wien - mehr unter IT aus zweiter Hand: Update für das gute Gewissen. Datenlöschungen sind hier ein absolutes Muss und werden mittels Zertifikat detailliert belegt. Und die Nachfrage steigt. Auch private Kunden bringen immer öfter ihre alten PCs, Notebooks und Handys zum Löschen bzw. Entsorgen und Recyceln vorbei. Wird ein neues Gerät gekauft, ist dieses Service kostenlos, andernfalls verrechnet AfB eine Gebühr von 19 Euro.

Gebraucht-Smartphones künftig im 48er-Tandler
Auch bei der Stadt Wien arbeitet man an neuen Lösungen, speziell für die vielen ausgemusterten Smartphones. Sie können als Elektroschrott zwar schon jetzt auf den Mistplätzen der MA 48 zum fachgerechten Recycling abgegeben werden, für die Löschung der Daten muss der Nutzer aber bisher selbst sorgen. In Zukunft müssen sich Handynutzer darum nicht mehr kümmern.
"Alte Handys die gut zur Weiterverwendung geeignet sind, werden künftig von uns an einen zertifizierten Datenlöscher weitergegeben, der die Daten nicht wiederherstellbar löscht. Damit kann das Handy dann problemlos und sorgenfrei von jemand anders weiterverwendet werden", so Martina Ableidinger von der MA 48 in Wien. Die geleerten und durchgecheckten Secondhand-Smartphones sollen dann im Tandler-Shop, dem Altwarenmarkt der MA 48 im Vintage-Style, verkauft werden. Und wie immer gilt auch hier: Was nicht gelöscht werden kann, kommt in den Schredder.
Beate Macura, help.ORF.at
Links:
- Attingo Datenrettung
- AfB social & green IT
- Der Tandler – Altwarenmarkt der MA 48
- Mistplätze der Stadt Wien
- Studie der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
Erstellt am 02.07.2016.